Andreas Amon (52) ist geborener Kölner. Er ist Schuhmachermeister und führt heute die Schuhmacherei bei mir um die Ecke, die sein Vater 1963 eröffnet hat, weiter. Er hat auch sein Handwerk beim Vater gelernt und ist Mitglied in zwei Chören. Ich habe ihn in seiner farbenfrohen Werkstatt besucht.

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LG: Lohnt sich das Handwerk noch wie früher?

Andreas Amon: Es läuft nicht wie früher, aber es ist auch nicht so schlecht wie in anderen Handwerksberufen. Zum Beispiel bei Elektrogeräten. Da braucht man heute niemanden mehr, der etwas wirklich repariert. Da werden ja nur ganze Teile ausgetauscht.

LG: Gibt’s denn Nachwuchs?

Andreas Amon: Ich hatte mal einen Praktikanten. Dessen Vater war auch Schuhmacher und der Junge wollte das wirklich auch werden. Es rentiert sich heute immer noch, den Beruf zu ergreifen. Schuhe werden immer abgelaufen.
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LG: Wie wird das mal mit Ihrem Laden?

Andreas Amon: Meine beiden Töchter haben daran kein Interesse. Sie haben andere berufliche Wünsche und Ziele und arbeiten lieber im Büro.

LG: Und wie war das bei Ihnen?

Andreas Amon: Mein Vater hat das Geschäft hier 1963 eröffnet. Daher kenne ich das natürlich. Ich wollte eigentlich Orthopädieschuhmacher werden und hatte auch schon eine Lehre begonnen. Aber das lief nicht so gut dort. Ich sollte immer nur Reparaturen machen, weil mein Lehrherr dachte, dass ich das schon von meinem Vater kann. Ich konnte das aber nicht, da mein Vater es mir noch nicht beigebracht hatte. Mein Lehrherr sagte damals, dass aus mir nie ein guter Orthopädieschuhmacher werden würde. Aber dann bin ich zu meinem Vater in die Lehre und ich glaube, der hat aus mir doch noch einen ganz guten Schuhmacher gemacht.

Ich bin seit 1977 im Geschäft und seit 1982 bin ich Meister. Ich war damals mit 21 Jahren der jüngste Meister in ganz Deutschland. Man muss allerdings dazu sagen, dass ich eine verkürzte Lehre hatte und weil mir die Bundeswehrzeit angerechnet wurde. Bis 1997 hatte ich ein eigenes Geschäft in Bickendorf. Als mein Vater aber dann älter wurde, bin ich hierher in die Innenstadt zurück gekommen und wir waren zu zweit im Laden. Für zwei ist es zum Arbeiten eigentlich zu eng. Aber mein Vater hat dann eher mit den Kunden erzählt und wir haben hier dann zusammengelebt.
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LG: Wollten Sie mal etwas anderes werden als Schuhmacher?

Andreas Amon: (überlegt lange) Mhm. Radio- und Fernsehtechniker wollte ich wohl mal werden. Es gab damals aber keine Lehrstellen. Aber im Nachhinein ist das natürlich gut, dass das nicht geklappt hat, weil das heute überhaupt nicht mehr rentabel ist.

LG: Es scheint Sie nicht zu stören, dass ich hier fotografiere. Das ist eher ungewöhnlich.

Andreas Amon: Ich fotografiere selbst gerne. Erst mit einer analogen EOS und heute digital. Mein Vater hat früher seine Filme selbst entwickelt und die Abzüge in der Küche zum Trocknen aufgehängt. Man war damals irgendwie vorsichtiger beim Fotografieren. Vielleicht weil der Film teuer war…

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LG: Was machen Sie, wenn Sie nicht arbeiten?

Andreas Amon: Musik. Ich singe im Männerchor und in einem gemischten Chor am Hildegard-von-Bingen-Gymnasium. Da bin ich Gründungsmitglied. Wir treten bei Veranstaltungen in der Schule auf und hin und wieder auch woanders.  Wir werden zum Beispiel bei der Sommernachtsmusik unter den Linden bei Sankt Nikolaus in der Berrenrather Straße singen. Irgendwann nach den Sommerferien von 18 bis 24 Uhr unter freiem Himmel. Und ich bin natürlich Mitglied in der Sängervereinigung Loreley 1901 Köln. Leider gab es in der ersten Tenorreihe keinen Nachwuchs mehr. So hat dann der Männergesangsverein auf einmal Frauen aufgenommen. Ich bin dort eher einer der Jüngeren. Der Nachwuchs fehlt uns dort sehr. Das liegt sicher auch am allgemeinen Wandel in der Gesellschaft, z. B. weil die Geschäfte jetzt so sehr lange offen haben. Für die Vereine war das neue Ladenschlussgesetz eher nicht sehr förderlich.

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LG: Sie haben immer in Köln gewohnt. Wollten Sie nicht mal weg?

Andreas Amon: Mir gefällt es hier. Ich könnte mir ehrlich auch nichts anderes vorstellen. Wir haben zwar einen Wohnwagen in der Eifel und das ist eine sehr schöne Gegend. Aber auf Dauer wäre das nichts für mich. Man braucht immer ein Auto. Als Großstädter ist man das nicht gewöhnt. Ich musste in der Eiffel mal ins Krankenhaus fahren. Das waren sehr lange 3o Minuten für mich, bis wir dort ankamen.

Hier ist es wohl mal dreckig, aber ich finde es in Köln sehr schön.

LG: Ich bin seit 5 Jahren in Köln. Darf ich mich da schon Kölner nennen?

Andreas Amon: Mhm… Sagen wir mal so: Wir Kölner sind ja tolerant und akzeptieren jede Meinung (lacht.)

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Mehr Informationen

Fotografien und Interview: Lars Gehrlein, Köln, 2013

Veröffentlicht von Lars Gehrlein

Lars Gehrlein ist ein Reise- und Porträtfotograf aus Köln. Er ist immer auf der Suche nach Geschichten über (noch) unbekannte Menschen und Orte, um sie zu erzählen oder zu fotografieren.

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