Sandra (27) ist Kölnerin. Wie viele Kölnerinnen, ist sie nach dem Studium hier geblieben. Aufgewachsen ist sie in Tübingen, ihre Eltern stammen beide aus Polen. Sie arbeitet für eine große Versicherung als Personalcoach und Headhunterin und wohnt in Junkersdorf, seit sie vor 6 Jahren nach Köln gekommen ist. Sie ist der Meinung, dass sich ihr Leben dauernd verändert – Umfeld, Job, Liebe; nichts bleibt für immer gleich. „Menschen kommen und gehen und es bleiben nur die Hartnäckigen“, sagt sie mir augenzwinkernd relativ kurz, nachdem wir uns in meinem Lieblingscafé kennenlernen.
LG: Dann bin ich für den Moment wohl einer von den Hartnäckigen. Was unterscheidet die Hartnäckigen von den anderen?
Sandra: Vielleicht Loyalität, Charakterstärke, nicht alles auf die Goldwaage legen. Auch wenn man sich nicht oft sieht, für den anderen da zu sein, wenn man gebraucht wird.
LG: Du hast Medienwirtschaft studiert. Warum hast Du Dir das damals ausgesucht und warum bist Du dafür ausgerechnet nach Köln gekommen?
Sandra: Irgendwann muss man ja mal von Zuhause weg. Das Studium war da einfach ein guter Anlass. IWMM – ich wollte irgendwas mit Medien machen: Ich fand die vielen Möglichkeiten in der Branche schon immer spannend. Und Köln ist nun mal eine Medienstadt. Es lag für mich einfach nahe, Medien und Köln über das Studium miteinander zu verbinden.
LG: Und warum bist Du dann beruflich nicht in der Medienbranche gelandet, sondern bei einer Versicherung?
Sandra: Weil ich überhaupt keine Lust auf unbezahlte Praktikumsstellen hatte. Die ganze Medienbranche, vermutlich nicht nur in Köln, baut darauf, dass alle Praktikum an Praktikum hängen, ohne jemals wirklich einen Job mit Vertrag und entsprechendem Gehalt zu haben. Ich hatte darauf einfach keinen Bock.
LG: Headhunterin hättest Du ja auch in einer anderen Stadt werden können. Beeinflusst Köln Deine Arbeit?
Sandra: Gar nicht. Das kann man wirklich überall machen.
LG: Aber jetzt bist Du schon seit 6 Jahren hier in Köln. Fühlst Du Dich hier zu Hause?
Sandra: Für mich gilt scheinbar: „Einmal Köln, immer Köln“. Auch wenn mir privat hier immer mal wirklich doofe Dinge passiert sind, ich enttäuscht wurde, hat mich die Stadt und die Menschen hier auch immer wieder aufgefangen. Das ist hier einfach ein fröhliches Volk. Köln hat immer Platz für Verrückte wie mich….. und wie Dich! (lacht)
LG: Akzeptieren Dich die Kölner?
Sandra: Ich habe da überhaupt keine Probleme. In Köln wird jeder akzeptiert.
LG: Anderes Thema: Kannst Du noch gut ohne Internet auskommen? Ohne Facebook, Instagram, Twitter, Smartphone?
Sandra: Auf keinen Fall. Bei der Arbeit geht das schon mal gar nicht mehr. Ohne E-Mail und WhatsApp wäre ich aufgeschmissen. Es würde ewig dauern, wenn ich das alles abtelefonieren müsste. Privat nutze ich das Handy eher als Kamera und Navi. Warum sollte ich darauf auch verzichten wollen?
LG: Wie beeinflusst das Internet und vor allem die sogenannten sozialen Netze Dein Leben derzeit?
Sandra: Eigentlich gar nicht. Ich mache da kaum was. Du bist einer der wenigen, mit denen ich via Facebook Kontakt habe. Ab und zu ein Foto zu Instagram. Das war’s.
LG: Dein Vater hat versucht, Dir die Fotografie näher zu bringen. Erfolgreich?
Sandra: Mein Vater wünscht sich, dass ich sein Interesse an der Fotografie teile. Deswegen hat er mir z. B. auch die gleiche Kamera geschenkt, die Du gerade benutzt. Ich habe auch eine kleine Studioausrüstung. Aber ich benutze die eigentlich so gut wie nie. (Der Autor hat Tränen in den Augen). Fotografieren entspannt mich zwar, aber meistens habe ich keine Lust dazu.
Wo würdest Du leben, wenn Du nicht in Köln leben würdest? Wie sieht Dein alternativer Lebensentwurf aus?
Ich würde in Ko Samui leben und Liegestühle vermieten (lacht). Nein. Eigentlich habe ich so einen Plan nicht. Ich mache mir darüber keine Gedanken. Ich bin hier doch sehr zufrieden. Mhm… Melbourne wäre vielleicht was. Und dort in einer Agentur arbeiten. Aber was soll ich da?
Fotografien und Interview: Lars Gehrlein, Köln, 2013